Die erste
Ausfahrt im Frühling
1. April 2012
Frühling im Kopf, Frühling in den Beinen, Frühling
im Gemüt. Strahlender Sonnenschein, zum jubilieren
schön. Wir holen die Kutsche aus dem Winterschlaf. Es ist
noch lange genug hell.
Aber erstmal steht putzen auf dem Dienstplan, das ist
Schwerstarbeit, das ganze Winterfell will auf einmal herunter. Das
Heu schmeckt nicht mehr, die Pferde gieren nach dem jungen Gras.
Überall sprießt und sprosst es, der Frühling kommt
mit Macht.
Minchen weiss, was auf die zukommt. Zuvorkommend läßt
sie sich in die Gabel dirigieren, hält brav still, als ich
anspanne, ein wenig das Gewicht verlagern, dann passt es auch mit
den Anzen. Auf geht es. Nichts hat sie vergessen, holt weit genug
aus, um den Holzstapel herum, aus der Gasse heraus. Ein
sehnsüchtiger Blick Richtung Waschplatz, ob denn wirklich
keiner mitkommt? Den Berg hinunter. Warten. Ein Pferdetaxi? Nein,
heute nicht, beim ersten Anfahren bin ich vorsichtig. Sonst ja
immer gerne. Moni steigt auf. Für das erste Anfahren habe ich
gerne einen erfahrenen Beifahrer dabei. Los gehts. Minchen
schreitet kräftig aus, fröhlich ziehen wir von dannen.
Keine schweren Berge, das ist das erste Anfahren im Jahr. Durch
das Tal, in den Wald. Hügel auf, Hügel ab, zum Tunnel
hoch und wieder runter, da kommt uns das erste Auto entgegen, viel
zu schnell. Auch die Autofahrer haben Frühling. Das geht so
nicht, das passt nicht, da muß er wohl zurücksetzen. Da
Minchen so brav und die Kutsche so wendig ist, genügt eine
Einfahrt, dass wir das Auto vorbeifahren lassen können, da
gibt er auch schon wieder Vollgas. Volli... Durch das
Ölbachtal, zwischen den Pfosten hindurch, da lauert das
nächste Abenteuer, zwei Wanderinnen vor uns, da kommt ein
Hund den Berg hinab geschossen, einmal Wuff, aber Minchen kann es
wegen den Scheuklappen nicht einordnen, macht einen Satz nach
vorne, startet durch, wir natürlich laut geworden, was ein
Fehler war. Vielleicht sollte ich doch mal ohne Scheuklappen
fahren, aber dieser Hund hat mich schon mal Nerven gekostet. Hei
da, Mina, alles gut. Ich lenke sie gegen die Mauer, der Hund
läuft nicht mit und ist auch schon wieder ruhig, da beruhigt
sich auch Mina. Schon ist sie wieder völlig entspannt, die
Leinen hängen durch. Die zwei Wanderinnen sind natürlich
auch erschrocken, dafür entschuldige ich mich. Alles gut,
alles im Griff, nichts passiert. Aber beim ersten Anfahren nehme
ich keine Kinder und keine Gäste mit, ich trage einen Helm
und habe einen erfahrenen Beifaher. Trotzdem sind wir
natürlich erschrocken, das Adrenalin pulsiert noch durch
unsere Adern. Wir traben wieder an, zum Zeichen, das wirklich
alles wieder in Ordnung ist. Kehrtwende nach links und den selben
Weg zurück. Wo ist der Hund? Ich habe ihn immernoch nicht
entdeckt, aber er steht am Zaun und erwartet uns. Minchen sieht
ihn diesmal, da macht er sich den Berg hoch, hier kann er
niemanden mehr aus der Ruhe bringen. Zielsicher steuert Minchen
die Kutsche zwischen den Pfosten hindurch, da bellt schon der
nächste Hund hinter einer Hecke, ein kleiner Westi muß
auch Teufel komm raus seine Stimme strapazieren. Aber wir haben
ihn gesehen, Minchen bleibt cool. Ich garnicht, als von oben ein
Auto angeschossen kommt, ich sehe uns schon in der Hecke, da
bremmst es doch noch haarscharf vor uns. Zwei Mädel am
Steuer, Zone 30. Mit quitschenden Reifen starten sie wieder durch,
nichts gelernt. Aber auch garnichts.
Nach Hause ist die Kutsche gleich viel leichter, munter trabt
Minchen voran, im Wald schlägt sie gleich nochmal die
schnellere Gangart vor. Am Hof vorbei aber mag sie nicht so recht,
da legt sie wieder den Trödelgang ein. Soleil steht am
Wegesrand und darf grasen, da möchte die Mina sich gerne zu
gesellen. Soleil ist eine neue Stute am Stall, die reitet auch
Abends noch mit uns aus, auch wenn es schon dunkel ist. Da freuen
wir uns sehr darüber, herzlich willkommen. Doch mit der
Kutsche, da muß die Stute gucken, Minchen hoi, zügig
vorbei. Seelenruhig wandert sie die Straße entlang, in
Richtung Fischteiche, dann haben wir schon alle halbwegs flachen
Strecken hinter uns. Lustig trabt sie wieder an, diesmal
Kehrtwende nach rechts. An der Brücke wartet ein Auto, es
möchte einbiegen wo wir herkommen. Der Frühling treibt
auch die Gespanne hinaus. Vielen Dank fürs Warten :-).
Über den Parkplatz fahren wir wieder auf den Hof. Minchen ist
Profi, souverän manövriert sie die Kutsche zurück
an ihren Platz. Da hat sie sich ein wenig Frühlingsgras
redlich verdient, derweil ich ihre Box richte. Auf Pfiff kommt sie
gleich angelaufen. Vielen Dank Minchen.
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