Sonntag früh. Die Sonne steht bereits strahlend am Himmel, Raureif
bedeckt die Wiesen und Felder. Ungeduldig verlangen die Pferde hinaus in
das schöne Wetter. Langsam bekommen die Sonnenstrahlen richtig Kraft.
Die ersten Krokusse zieren mit ihren Blüten die kurze karge Grasnarbe.
Minchen ist schnell gesattelt. Die neongelben Schuhe haben zum Glück
bereits etwas von ihrem Glanz verloren. Unsere Hufspuren von Gestern in
den Pfützenresten sind noch gefroren. Überreste eines Schneemannes
stehen einsam in einem Vorgarten, wirken irgendwie fehl am Platz.
Pünktlich um 10:55 Uhr erreichen wir den Treffpunkt, den Stall
der WFW (Western- und FreizeitreiterfreundeWiehbachtal. Die anderen sind
schon fast alle da. Minchen begrüßt ihren Freund Billy, spitzt
angeregt die Ohren. Einer fehlt noch. Auf der Straße braust ein Pferdeanhänger
vorbei, sind sie das? Aber nein, mit unverminderter Geschwindigkeit fährt
er vorüber. OK, 15 Minuten geben wir ihr. 11:20 Uhr Abritt. Halt,
zuerst über die Straße. Perfekte Organisation, direkt nach der
Straße kommt ein großer Holzstapel, so daß sich auch
die Großpferdereiter pferderückenschonend in den Sattel schwingen
können.
Kurze Vorstellung: Initiatorin, Organisatorin, und Rittführerin
ist Uli mit ihrem Shire-Welsh Billy. Mit von der Partie sind Ruth und ihr
Vollblut-Lusitano Rubino, ein wahrer Riese, der mit ebensolchen Schritten
weit voraus schreitet. Außerdem der Haflinger Shadow mit Jutta im
Sattel und Manuela auf ihrer Tinkerstute Casey – beide Gäste vom VFD-Rheinwupper,
herzlich Willkommen. Ja und Minchen natürlich, mein treuer Norweger
mit mir.
Auf geht es. Der Wiesenweg hinter den Tennisplätzen mit den gefrorenen
Maulwurfklumpen führt steil bergan. Mühsam erklimmen die Pferde
diese Hürde. Es ist noch nicht Minchens Zeit, bald hängt sie
hinterher, während Rubino sich heftig gegen den verhaltenden Zügel
wehrt und munter ausschreiten möchte. Die Autobahnbrücke, kein
Thema. Über die Höhe reiten wir vorbei an bellenden Monstern
hinter Gartenhecken und schlecht geparkten Autos. Dank unserer Gelände-
und verkehrstauglichen Pferde bleiben alle Spiegel dran und alle Reiterbeine
heil.
Das herrlich warme Spätwinterwetter und die schönen Wiesenwege
erwärmen die Gemüter. Die Pferde sind nach der langen Frostperiode
munter. Wir lassen sie laufen, den Berg hinauf sogar im Galopp. – Nebenbei
bemerkt, die Hufschuhe sind noch da :-). An der nächsten Kreuzung
wenden wir uns nach links wieder dem Tal zu. Vorsichtig setzen die Pferde
ihre Hufe auf den stellenweise gefrorenen Boden. Sicher findet jedes Pferdebein
seinen Weg hinab. Hurra, hinein geht es in den rostrot braun leuchtenden
Wald. Die Pferde schnauben zufrieden vor sich hin. Minchen ist aufgewacht
und Rubino läuft jetzt auch entspannter mit seinen langen Röhrenbeinen
voraus. Raschelndes Herbstlaub weicht wieder dem freien Feld. Es ist wunderschön
hier in den Ausläufern des bergischen Landes, bei tollem Wetter in
einer netten Reitergruppe.
Wir folgen einem Sträßchen durch eine kleine Häuseransammlung,
die Serpentinen hinab zurück in den Wald. Im Gänsemarsch laufen
die Pferde auf diesem schmalen Waldweg. Auch sie scheinen den Ritt zu genießen,
kein Zicken, keine angelegten Ohren. Ein kurzes Schweifwedeln signalisiert
„halt doch bitte ein wenig mehr Abstand“. Für ein paar Meter verbreitert
sich der Pfad. Die Bucht nutzen wir geschickt, um zwei Spaziergänger
passieren zu lassen. Kramen nach dem Handy, das Picknick an den richtigen
Pausenplatz zu dirigieren, doch oh weh, kein ausreichender Empfang. Das
Waldgässchen öffnet sich zur Straße. Die beiden RheinWupper
Reiter bringen ihre Pferde zum Bach hinab zum saufen. Gar nicht so einfach
bei Niedrigwasser. Doch die Pferde sind geschickte Akrobaten und löschen
ihren Durst.
Wir Reiter sizten ab, die Pferde senken gierig die Köpfe, stürzen
sich hungrig auf das Gras der sonnendurchfluteten Wiese. Die meisten werden
einfach laufen gelassen.
Das Auto rückt an. Mit dem selben Heißhunger, der gerade
bei den Pferden gerügt wurde, stürzen wir uns auf die Berliner.
Auch Kaffee, Tee und Kakao war in ausrechenden Mengen da. Billy inspiziert
neugierig das süße Gebäck.
Es ist richtig richtig schön in der warmen Sonne bei fast frühlingshaften
Temperaturen. Da hat es niemand eilig. Einmal holen wir unsere verstreuten
Pferde näher zusammen. Rubino scheint Gefallen an Minchen gefunden
zu haben. Immer wieder schleicht er sich in ihre Nähe, doch sie hat
ausschließlich Augen für das Grün zu ihren Hufen. Die Mägen
sind gefüllt, die letzten Zuckerkrümel vertilgt sezten wir den
Berliner-Capuccino Ritt fort. Zwischen Schrebergärtchen hindurch gelangen
wir mal wieder zurück in den Wald. Einen flachen Bachlauf durchqueren
alle Pferde ohne Kommentar. Glitzernde Eiszapfen trotzen der Sonnenenergie,
sublimieren still vor sich hin, bizzare Formen bildend. Im flotten Trab
erreichen wir die Felder. Breit angelegte Reitwege führen zwischen
den Äckern hindurch über die Höhe, herrlich zum Galoppieren.
Und weil es so schön ist zurück und gleich noch einmal. (Minchen
buckelt sich den Winterfrust von der Seele, die Schuhe halten!) Das war
schön.
Hinab in die Wälder trennen sich unsere Wege. Ruth und Uli reiten
wegen Termindruck den direkten Weg zurück, während wir noch einen
ausgedehnten Bogen schlagen. Wir haben die letzen drei Wochenenden geübt,
damit ich den Weg auch sicher finde. Irritiert dreht Minchen sich immer
wieder nach Billy um. Das passt ihr nun gar nicht. Die Straße führt
in einem Bogen um die Waldnase herum, schon sind wir auf der nächsten
Galoppstrecke. Weit greifen die Pferde aus, Shadow voran, Casey hinter
Minchen. Viel zu schnell ist auch hier das Ende erreicht. Unter der Autobahn
hindurch, unheimlich hallt der Klang der Hufe von den Brückenwänden
wieder, vermengen sich mit dem Echo eines dröhnenden Automotors. Schnell
entschwinden wir wieder in die erholsame Ruhe des Waldes. Minchen hat es
jetzt sehr eilig, beschleunigt ihre Schritte, daß die anderen kaum
mithalten. Eine gute Übung für ihre Geduld: Warten. Einen Hügel
mit einer kurzen Gelegenheit zum Galopp nehmen wir noch mit, dann begeben
auch wir uns in Richtung WFW. Zwei umgefallene Bäume ersetzten die
Cavalettiarbeit, gekonnt steigen die Pferde darüber. Der Rest ist
Straße, richtige zweispurige Straße mit einem Radweg. Schade.
Wir sitzen ab, schließlich heißt es „Wanderreiten“ (= Wandern
& Reiten), lockern schon mal die Sattelgurte, die letzten Meter werden
geführt.
Rubino ist bereits auf dem Heimweg, Billy versorgt. Shadow und Casey
werden am Hänger abgesattelt, Minchen muß noch ein wenig aushalten,
döst in der Sonne. Gemütlich lassen wir diesen tollen Tag zusammen
ausklingen.
Schließlich wird es Zeit für den Heimweg. Minchen hat in
ihrem dicken Pelzmantel genug für heute getan, ich benutze meine eigenen
Beine. Nach nur 40 Minuten sind auch wir zu Hause angelangt. Ein lieber
Mensch hat Wotan auf die Wiese gelassen, so war es auch für ihn ein
schöner Tag. Zufrieden brummelt er und seine Begrüßung
entgegen.
Bilder von Ritt gibt es auch endlich ...