Einmal meer seh'n ...

Urlaub im Reiterdorf Holte-Spangen
Es war ein total toller Urlaub!

Endlich am Meer!
Es war so eine Idee in der Luft, einmal mit Minchen ans Meer fahren. Einmal Meer sehen, mit den Pferden am Stand entlang galoppieren, in den Sonnenuntergang hinein, endlose Weite. Die Herbstferien 2002 sind allerdings derartig verregnet, daß ich die Idee auf den nächsten Sommer verschiebe. Im Frühling werden neue Pläne geschmiedet, eine Stallkollegin möchte gerne mit ihrem Pony mitfahren und kennt sogar ein Feriendomiziel in Holland. Leider ist dieses im März schon ausgebucht. Im Fjordforum bekomme ich einen neuen Tip: cux-holte-spangen.de Nach ein paar Diskussionen entscheiden wir uns für den Ferienhof Leimer, weil das sich im Internet irgendwie so anhört, als paßten wir mit unseren Ponies dort ganz gut hin. Hell, freundlich, gemütlich, große Boxen, viel Wiese und morgends Brötchen.
Die Temperaturen jenseites der 30°C sind vorüber und Sonntags fahren auch keine LKW. Wir lassen es gemütlich angehen, 8 Uhr Abfahrt. Zweimal halten wir während der 435 km langen Fahrt an, um unseren Pferden Möhren zu füttern und Wasser anzubieten. Am frühen Nachmittag erreichen wir unser Ziel. Die Pferde wertden auf eine großzügige Wiese entlassen, die hellen, geräumigen Boxen sind extra frisch und reichlich eingestreut, Heu und Stroh liegen bereit, in der Sattelkammer gibt es einen großen Schrank für unseren Krempel. Und damit es so richtig rundherum Urlaub war, bekamen wir morgends nicht nur die Brötchen gebracht, sondern die Pferde wurden auch gefüttert, misten und rausstellen müssen wir allerdings selber. Das Wichtigste lag auch gleich griffbereit, die Reitwegekarte. Die Wohnung ist sauber und gemütlich, zweckdienlich eingerichtet. Außer Bettwäsche und einem Teesieb ist alles da, Toaster, Kaffeemaschine... Auf der Südterasse stehen noch die Gartenmöbel, wo wir den lauen Herbstanfang genießen. In der großen Bauernstube gibt es Getränke praktisch zum Selbstkostenpreis, Aschenbecher und einen großen Fernseher, dessen kleinere Version aber auch in der Wohnung steht.
 
Montag 22. September 2003
Erstmal ans Meer. Direkt vom Hof führen breite einladende Sandwege durch die Heide und bis ans Meer (ca. 6 km). Am Strand selber ist das Reiten leider nicht erlaubt, aber bei Ebbe darf man mit 400 m Abstand zum Land durch das Watt reiten. Darum empfiehlt es sich, auf die Wattlaufzeiten zu achten, sonst könnte es sein, daß man sehr früh aufstehen muß. Ein besonderes Erlebnis ist natürlich der 12,5 km lange Ritt über den Meeresgrund zur Insel Neuwerk, der täglich auch von einem Dutzend Kutschen zurückgelegt wird. Allerdings kann man locker eine Stunde nach den Wattwagen losreiten, sonst könnte das erste Priel für kleinere Ponies zum Tauchabenteuer mutieren.

Wattgalopp


Im Watt auf dem Weg nach Neuwerk

Wir reiten um die letzte Dühne herum, der Blick ist frei bis zum Horizont. Erschreckt stemmen unsere Pferdchen ersteinmal alle acht Hufe in den Sand. Nur zögerlich lassen sie sich überzeugen auf den Strand hinauszutreten. Seite an Seite, Schulter an Schulter wagen sie es schließlich, treten hinaus auf den Meeresgrund in die Endlosigkeit. Je weiter wir sie ins Watt treiben, desto größer wird ihr Drang zurück zum Land. Doch wir müssen die 400 m einhalten. Schließlich scheinen sie sich an die Situation zu gewöhnen. In der Ferne sehen wir bereitet sie Wattwagen fahren. Doch ihr Vorsprung ist zu groß, wir können sie nicht einholen. Da erreichen wir die Besen, die den Weg zur Insel markieren. Mensch, ist das toll. Ein Rinnsaal verläuft parallel zu den Besen, mutig durchqueren unsere Emi und Minchen ihr erstes Priel, das allerdings gleich in ein wesentlich größeres übergeht. Die nächsten drei Besen stehen in einem See, dahinter sieht man einen weitere Sandbank liegen. Eine Menschentraube wartet bereits auf das Fortschreiten der Ebbe. Ein einzelner Wanderer steht bis zur Hüfte im Wasser. Au weiha, ob das gutgeht? Die Wattwagen sind schon außer Sicht. Als das Wasser den Pferden bis zum Hals reicht, kehren wir lieber um, zurück zu den Wartenden. Da kommen die nächten Reiter, mit Hund, na, für den ist das bestimmt zu tief. aber "der schwimmt". Doch auch sie kehren genauso zurück wie wir, trotz ihrer Riesenpferde. Zwei Ponyreiter reihen sich in die Schlange der Wartenden. Noch zwei Reiter - oh, hallo, die kennen wir, die wohnen bei uns auf dem Hof. Mutig stapfen deren Pferde voran, wir hinterher. Der Wasserspiegel ist deutlich 20 cm gesunken und sicher ereichen wir die nächste Sandbank. Auch so reicht mir das Wasser auf meinem Fjordie bis zu den Knien.


Angekommen auf Neuwerk
Doch kaum ist das erste Hindernis überwunden, erstrecken sich vor uns endlose Weiten, das Watt läd ein zum Galopp durch Pfützen und Sand, daß es hoch aufspritzt. Noch ein zweites Priel quert unseren Weg. Doch das Wasser diesmal ist hell und klar, die Furt gut zu erkennen. Die Pferde genießen den federnden Boden. Schon bald ist Neuwerk erreicht, eine Pause für die Pferde, Erfrischung für den Reiter, allerdings nur kurz, dunke Wolken ziehen über den Himmel, die Wattwagenfahrer drängen zum Aufbruch. Nach einer kurzen Rast treten auch wir den herrlichen Rückweg an. Die Nervosität reitet mit, die Flut kennt kein Pardon für Bummler. Doch das Wasser steht jetzt viel niedriger. Der Priel, der uns auf dem Hinweg noch so beeindruckt hat, ist zu einem kümmerlichen Rinnsaal geschrumpft, der den Pferden gerade ans Karpalgelenk reicht. Erst am letzten Priel fällt die Nervosität von mir ab, die Sonne kommt wieder zwischen den Wolken hervor. Der befreiende Galopp am Strand entlang ist mühelos und beschwingt, zurück in das verzweigte Reitwegenetz der Heide. Ein toller Ritt! 36 km.
zurück auf dem Festland

Dienstag 23. September 2003
Der Dienstag hält ein paar kräftige Regenschauer für uns bereit. Da Emis Gurtlage eh gereizt ist, entschließen wir uns zu einer Platzrunde für Minchen und einen Einkaufsbummel nach Cuxhaven, denn Einkaufen müssen wir sowieso. Cuxhaven ist ein niedlicher Ort, wo man prima Schlumpfen kann. Wir erstehen jeder einen warmen Fliespullover und jede Menge Postkarten. Heute Abend ist schreiben angesagt. Auch bei Regen wird Cuxhaven nicht langweilig, denn es gibt jede Menge Museen und Ausflugsmöglichkeiten. Das Wrackmuseum oder das kuriose Muschelmuseum, die Ausstellung "Nationalpark Wattenmeer" oder eine Schiffsreise nach Neuwerk oder Helgoland vorbei an den Seehunden, Ford Kugelbake, die "alte Liebe" oder einfach einen Bummel durch Cuxhaven. Natürlich kann man auch bei Regen reiten, aber es hat ja sonst nicht geregnet.

Mittwoch 24. September 2003
Will oder kann man nicht zur Insel reiten, ist es auch so im Watt sehr schön. Zum Beispiel kann man dem Wattweg zum Nachbarort folgen oder kreuz und quer durch Wald und Heide reiten. Die Heide erinnert mich stark an die Veluwe - oder war es nicht in der Veluwe, wo ich mich "fast wie am Meer" gefühlt habe? Die entzückende Landschaft läßt uns Foto um Foto schießen, Emis weißes Fell glänzt in der Sonne, während Minchens Pelz schon eher einem Bären zum Stolz gereicht.


in der Heide
In der dritten Nacht haben sich die Pferde mit dem Urlaub arrangiert. Dicke Mistflecken zeugen von einer Liegephase in der Nacht. Doch wehe, einer droht den anderen aus den Augen zu verlieren. Seite an Seite verlassen sie ihre Boxen, dicht aneinandergedrängt kommen sie von der Wiese, nur gemeinsam betreten sie den Stall. Die Fremde schweißt zusammen.

Donnerstag 25. September 2003
Einmal meer seh'n heißt natürlich nicht ständig durch das Watt reiten, denn da ist das Meer ja nicht da, nein Meer seh'n heißt das Meer bei Flut sehen.Wind, Wolken, Meeresrauschen. Der nette Strandwärter hat auch nichts dagegen, es ist kaum Betrieb am Stand und kaum Wind. Die See liegt ruhig da, ohne Probleme maschieren unsere Pferde ins Wasser. Anschließend verbringen wir den Tag kreuz und quer durch die Heide reitend und begegnen dabei nicht nur wunderschöner Landschaft sondern auch Reitersperren - oder Kutschsperren, denn die sind in der Heide unerwünscht. Das sind Schranken, die so hoch angebracht sind, daß ein Radfahrer gut drunter hindurchpaßt, nicht aber ein  Reiter auf einem Hannoveraner.


im Meer

Freitag 26. September 2003
Unser Urlaub ist schlecht getimed. Die Wattwagen fahren bereits um 6 Uhr in der Frühe los, das heißt für uns Morgenmuffel früh aufstehen, wenn wir ins Watt wollen. Noch im Dunkeln führen wir unsere Pferde zum Frühstück auf die Wiese, im Morgengrauen finden wir den Weg durch die Heide hinunter zum Meer. Langsam geht die Sonne auf, streckt ihre Strahlen über den blauen Himmel. Doch es ist bitterkalt, unsere erst kürzlich erworbenen Fließe leisten nun gute Dienste. Der Galopp durch das Watt in die Sonne hinein ist einfach nur toll. Langsam füllen die Priele sich, wir reiten zurück an Land. Langsam beginnt die Sonne zu wärmen. Der Tag ist noch lang und vor uns liegt der Rurseecup, eine gute Gelegenheit, noch einmal ein wenig zu üben. Ist steh auf Minchen - ach rutsch mir doch den Buckel runter! Abends essen wir sehr gut aber viel zu viel im Störtebecker leckere Krabben.

Samstag 27. September 2003
So, nun ist der Urlaub fast um und wir waren noch in keinem einzigen Museum. Wenigstens das Wrackmuseum wollen wir uns ansehen. Anschließend waren wir noch bei der "alten Liebe" nur mal eben gucken, als ein Schiff Richtung Seehunde kurz vor dem Auslaufen steht. Das ist ja auch spannend und so entschießen wir uns kurzerhand zu einer Schiffstour. Und nächstes Jahr im Wrackmuseum: "Knochen von zwei Touristenen, gesunken 2003 in der Elbemündung"... ne, ist alles gut gegangen und wir haben mit den Pferden noch eine Runde im Sonnenuntergang durch die Heide gedreht.


Heide & Wald
Sonntag 28. September 2003
*seufz, heute müssen wir wirklich fahren. Wieder einmal holen wir unsere Pferde in aller Frühe noch vor dem Frühstück aus den Boxen, damit sie wenigstens noch etwas Gras fressen können, bevor wir "uns vom Meer verabschieden" reiten. Denn noch einmal ins Watt, das muß sein, insofern ist der Urlaub doch gut getimed. Heute finden wir den Weg ganz ohne Karte auf Anhieb, ein letzter Galopp bis zum ersten Priel nach Neuwerk, ein sehnsüchtiger Blick hinüber. Wir sind uns einig, es war ein total toller Urlaub und wir kommen wieder. Vielleicht nicht 2004 aber bestimmt. Vor der Fahrt dürfen die Pferde noch auf die Wiese während wir das Auto packen, alles verstaut, abfahren. Unterwegs geraten wir in mehrere Staus, so daß wir erst spät am Stall ankommen. Zuerst laden wir die Pferde aus, Emi ist hier zu Hause, Minchen wohnt einen Stall weiter. He ne, ohne Emi geht sie nirgendwo hin, oder doch? Es kommt ihr alles ein wenig bekannt vor, ein letztes Wiehern an der Brücke und Minchen legt einen Turboschritt vor, den ich kaum mithalte. Hey, hallo, ich bin wieder da. Alle Pferde brummen ihr eine Begrüßung entgegen, aber Wotan quitscht am lautesten. Nase an Nase begrüßen sich die zwei langjährigen Gefährten, Wotan bekommt sich kaum ein. Die Futterkammer ist um diese Zeit natürlich längst verschlossen, aber ich hatte Futter für 10 Tage dabei und lade das Auto eben am nächsten Tag erst aus. Ein netter Mensch hat sogar Minchens Box gemistet - danke Monika!, so daß sie schnell versorgt ist.

Montag 29. September 2003
Der Schotter knirscht unter den Eisen, der Dunst sammelt sich im Tal. Langsam kriecht die Dunkelheit über die Felder und darüber leuchtet unübersehbar das Bayerkreuz. Ich glaube, ich bin wieder zu Hause.
 

Weitere Infos:
www.cuxhaven.de
www.cux-holte-spangen.de
www.ferienhaus-leimer.de
Es empfiehlt sich, Sattelseife im Gepäck zu haben (im Dorf gibt es aber auch ein Reiterlädchen mit allen wichtigen Dingen, die Reiter so zu Hause vergessen haben...), um das Lederzeug nach dem Ritt vom Salz zu befreien. Außerdem lohnt sich vor der Urlaubsplanung ein Blick in den Gezeitenkalender zu werfen.

 
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