ein höllisch guter Ritt... - wir haben überlebt Die
Ankündigungen sind alles andere als motivierend - Sch... boden.
Letztes Jahr habe ich mich noch davon abschrecken lassen, aber wenn ich
mir unser Trainingsgelände so anschaue, viel schlimmer kann es
nicht sein. Und ich habe doch sooo große Lust, noch einen kleinen
Distanzritt zu gehen, im Oktober ist es auch nicht mehr so warm, genau
das richtige für mein Pony. Wenn wir "nur in der Wertung bleiben"?
Ja, das machen wir. Ulrika und Roegwin sind dabei also schicken wir
unsere Nennung ab. Was wir nicht wissen, die Gruppen werden im Vorfeld
eingeteilt und nicht erst bei Startmeldung, das haben wir nicht
gewußt.
Doch oh weh, Roegwin legt sich eine Woche vorher ein dickes Bein zu. Und jetzt? Alleine starten, ganz alleine?
*tieflufthol Ja.
Urlaub für Freitag ist eingereicht, die Versicherung vom
Veranstalter eingeholt, daß da ganz bestimmt noch mehr
übernachten, Wetterbericht hört sich gut an, nicht mehr als
15°C.... Voll bepackt begeben wir uns auf die Autobahn
Richtung Sauerland, also Staustrecke A1 bis Dortmund. Aber es geht, bei
Wuppertal wird der Verkehr sehr dicht, aber es rollt. Die Straßen
werden immer leerer, immer enger und immer kurviger. Schroffe Felsen,
rauhe Landschaft, munter plätschert ein reißender Bach durch
das zerklüftete Tal. 3,80 Meter, doch, da paßt mein
Hänger durch. Dann windet sich die Straße nach Eisborn hoch,
plötzlich sehe ich eine Wiese mit einem großen Lagerplatz,
ganz viele Pferdeanhänger und Paddocks, jaaaaa, mein Herz klopft,
da will ich hin.
Meinem Gefühl nach müssen wir hier rechts, oder ist das nur
eine Einfahrt, nein, da steht ein fettes Schild "Distanzritt". Ein
bischen muß ich schon ausholen, um um die Kurve zu kommen, nur
kein Gegenverkehr, dann sind wir verratzt. Uff, noch ein Anstieg, dann
sind wir da. Nach gut 2 Stunden Fahrt stehen wir mitten im Trubel, ein
Paddock reiht sich an den anderen - jaaaaa. Und jede Menge Dixiklos.
Sogar das ein oder andere bekannte Gesicht. Hi Svea!
Die Meldestelle ist besetzt, die Voruntersuchung ist auch schon im
Gange. Minchen äugt vorsichtig aus der Hängerlucke,
inspiziert die Wiese und findet sie eßbar. Schnell ein Paddock
abgesteckt, bevor es dunkel wird noch zum Tierarzt, alles in Ordnung,
ach ich bin sooooo aufgeregt.
Kalt ist es hier oben auf dem Berg, Minchen stürzt sich auf das
Gras, schaut immer wieder verträumt ins Tal. Gut, daß ich
meine Handschuhe dabei habe und auch die gefütterten Winterschuhe
sind nicht verkehrt. Schön ist es hier und ganz ruhig, keine
Party, kein Generator, traumhaft. Der Paddock ist zu groß, ich
klaue Minchen eine Ecke, damit sie nicht so viel Gras frist. Gehorsam
mümmelt sie nun Heu. Die Kälte zieht immer frostiger in meine
Glieder. Noch immer reisen Gespanne an. Erstmal Kanister
ausffüllen, beim Schleppen wird mir wieder warm, jedenfalls in der
Theorie. Früh schlüpfe ich in meine Schlafsäcke. Nacht
Süße.
In der Nacht ist wirklich fast nichts zu hören - Minchen
schüttelt sich einmal - aha, sie hat gelegen, das ist gut. Ein
Pferd wiehert. Die ersten Frühaufsteher treffen ein. Langsam wird
es Zeit zum Aufstehen. Morgen Minchen, hast Du gut geschlafen? Ja, sie
hat, ganz offensichtlich. Freudig begrüßt sie ihr
Frühstück. Von den anderen ist fast nichts zu sehen. Meine
beiden Nachbarn sind noch da, alle anderen verschwinden im Nebel.
Energisch schneide ich ein paar Bruchstücke aus der Nutella,
klopfe sie heraus und garniere damit mein Brötchen. Im geheizten
Zelt gibt es zwar auch Essen, aber - sicher ist sicher - habe ich alles
dabei. Erledigt. Die "großen" machen sich bereit, wärmen
ihre Pferde auf. Immer mehr Reiter tummeln sich auf der Wiese.
8:45, die 60 km Distanz geht an den Start, Massenstart. Ein Temporitt.
Wie aufregend... Das Feld düst über die Wiese, schon sind sie
im Nebel verschwunden, von ihnen zeugt nur noch die Spur im Rauhreif,
sowie das Getrappel auf der Straße. Die 60er legen ein ungeheures
Tempo vor. Jaaaa *seufz. Sei mir nicht böse Minchen, aber mein
nächstes Pferd so in 15 - 20 Jahren wird ein Vollblut, ein Traber.
Ach, ich bin ja sooo aufgeregt. Die Strecke ist anspruchsvoll, ob wir
dem gewachsen sind?
Massenstart
die Reiter verschwinden im Nebel
Minchen schaut ihnen nach
und wann sind wir dran?
Nach und nach gehen auch die 30er auf die Strecke, ich halte Ausschau nach meiner Startgruppe, kann sie aber nicht finden.
9:45, langsam mache ich Minchen fertig, es ist so kalt, da sollten wir
uns genügend Zeit zum Aufwärmen nehmen. Seitengänge an
der Hand lockern sie schön auf, der gemeinsame Jog wärmt uns
beide. Minchen ist knackig, sie hat gut Zug, hurra, die Temperaturen
sagen ihr zu.
10:34, da sind sie. Zwei blütige Pferde, na, da werden wir kaum mithalten.
10:35 und los. Trab über die Wiese, Minchen ist unschlüssig,
ob sie laufen oder bei den anderen bleiben soll. Auf der Straße
gehen wir Schritt. Doch schon am ersten Feldweg hat Minchen die beiden
wieder ein, sie ist knackig, sie zieht und eigentlich kann ich sie
nicht halten, ich bin blos Passagier. Am schmalen Einstieg hinab in den
Wald haben wir die Vorgruppe ein, die uns passieren lassen. Doch
Minchen hat nur Augen für unsere Startgruppe. Unten auf der
Straße möchte ich eigentlich im Schritt über den
Asphalt, aber da ist mit Minchen nicht zu diskutieren, im
schönsten Trabertrab düst sie hinter den anderen her. Mein
Fjordtraber :-) Nun geht es über Feldwege hügelauf
hügelab. Bergauf geht Minchen gerne gemütlich, bergauf mag
sie garnicht, aber heute zieht sie unglaublich, bergab ist sie
überhaupt nicht zu bremsen. 5km, wir liegen sehr gut in der Zeit.
Soo macht Distanzreiten richtig Spaß.
Die Strecke ist sehr gut markiert, die Karte brauchen wir eigentlich
nicht und so habe ich bald die Übersicht verloren, macht aber
nichts. Immer wieder Kreuzen Helfer und zahlreiche Trosser unseren Weg,
die auch mir ihre Hilfe anbieten, dankeschön, aber wir kommen zu
recht. Am nächsten Hügel kämpft Minchen ein wenig und
schon hat sie die anderen aus den Augen verloren. Sie stürmt die
Straße hinunter, haaaaalt Minchen, wir müssen hier abbiegen.
So gerade eben nimmt Minchen die Kurve, hier haben wir einen
schönen Ausblick über die Hügel. Alle paar hundert Meter
traben Pferde in 2er und 3er Grüppchen durch die Landschaft.
Jaaaaa Minchen ist irritiert, findet aber bald "ihre" Pferde und gibt
Gas.
Der Weg führt über Wurzeln und Hinkelsteine durch den Wald, nun geht es wieder steil bergan.
Ein schmaler Pfad am Waldrand entlang kostet uns einen Schuh, mist.
liegenlassen oder einsammelnt? Doch er liegt nur wenige Meter hinter
uns, also einsammeln. Das kostet Zeit, aber Minchen wird ruhiger, sie
rupft sich Gras, während ich den Schuh wieder anziehe. Nun haben
sie uns endgültig abgehängt, nicht, daß das den Eifer
meines Trabofjords im mindesten gebremst hätte. Im
halsbrecherischen Tempo düst sie den schmalen Pfad im Wald
hinunter, bis uns eine Schranke den Weg versprerrt. Minchen drängt
links vorbei, aber der dicke Kalkpfeil weist eindeutig nach rechts,
also rechts. Lenken läßt sie sich noch, nur die Bremse
klemmt.
Am nächsten Anstieg holt uns die Vorgruppe wieder ein, Minchen
schließt sich an und setzt auch gleich zum überholen an. Ein
Wasserwagen und mehrere Eimer stehen bereit. An der nächsten
Kreuzung weist uns ein dicker weißer Pfeil nach rechts, doch
Minchen biegt links ab, HALLO, Telefon?!?! Was soll denn das? Aber es
sind tatsächlich nur ein paar km bis zur Wiese mit den
Anhängern.
15 km, wir liegen immernoch gut in der Zeit. Der Weg schlängelt
sich über die Hügel und durch den Wald. So, nun kann die
Pause nicht mehr weit sein, laß uns Schritt gehen. Von hinten
holt eine Traberin auf, schließt sich dankbar dem ruhigen
Norweger an. Über eine Wiese führt der Weg, da herrscht auch
schon dichtes Gedränge am Eingang zur Pause. Könnte man
vielleicht mal durchrücken? Aber mitten im Eingang steht auch der
Wassereimer für alle. Wir müssen auf die Pulsmessung warten,
das ist ärgerlich, aber da Minchens Puls noch bei 70 liegt, ist es
auch egal. Zu viele Anstiege in zu schnellem Tempo, aber mein Nordie
diskutiert ja nicht mit mir, sie hat wohl meinen Wunsch nach eine
Traber vernommen oder sich von meiner Sehnsucht anstecken lassen.
Zwangspause. 64, ok, nun haben wir 15 Minuten zum Vortraben und
regenerieren und grasen. Ans Wasser kommen wir nicht ran, egal, Minchen
verweigert es eh, Gras ist wichtiger, heißhungrig stürzt sie
sich darauf.
Trab in Ordnung, wir können weiter. Aus der Pause heraus
führt eine breite Straße mit schnellen Autos und glatten
Asphalt. Die 60er semmeln in atemberaubendem Tempo an uns vorbei, die
30 traben etwas langsamer. Wir gehen Schritt. Minchen ist ausnahmsweise
einverstanden, doch sobald wir in den Schotterweg eingebogen sind,
stürmt sie wieder los. Immer wieder werden wir jetzt von den
schnellen blütigen Pferden überholt. Die Wege werden
schlechter, steiniger und auch öfter Aphalt dazwischen. Auf den
ganz dicken Steinen reite ich langsam, Minchen ist heute sogar im
Schritt schnell. Der feine Schotter ist gutes Geläuf für
Minchen, sie düst wieder los. An einer Gabelung weißt der
Pfeil bergan, Minchens saust bergab, sie hat mal wieder so ihre eigene
Idee von der Streckenführung. VERDAMMT, aber sie läßt
sich nicht bremsen. Endlich gelingt es mir, sie einzufangen, jetzt aber
schnell zurück auf die Strecke. Der Berg zieht sich in die
Länge und mein Pony mag nicht mehr. Schnaufend bleibt sie stehen.
Also sitze ich ab und führe sie den Berg hinauf, es ist der
Eisberg. Oben angekommen legt sie wieder zu, daß ich kaum
mithalten kann. Wenn sie mich ließe, könnte ich wieder
aufsitzen, anhalten ist nicht drin, beim Aufsitzen kommt mir der Sattel
entgegen. Irgendwie im Laufen nachgurten, aufspringen und schon trabt
mein Pferdchen munter voran.
25 km, wir liegen nur wenige Minuten über der Zeit. Noch ein Berg
liegt vor uns. Nun mag mein Pferdchen wirklich nicht mehr, ich
führe sie wieder, doch immer wieder bleibt sie stehen. Von hinten
holt uns ein Haflinger ein. Sie hat Zeit. Das zieht. Schnaufend
erklimmt Minchen die Anhöhe. Oben sitzen wir wieder auf, aber viel
Tempo ist nicht mehr drin. Ein kurzes Stück führt eben durch
den Wald, das traben wir hinter dem Haflinger her. Nun kann es nicht
mehr weit sein, den letzen Schotterweg reiten wir gemütlich
zusammen mit dem Haflinger, das letzte Stückchen Asphalt
überholen wir eine Fußgängergruppe. "Ist das ein
Wettberwerb"? - Ja, ein Distanzritt. "und wieviel habt ihr schon"? 29,5
km.
Wir biegen nach links in die Wiese ein, es geht ganz leicht
hügelan, ich schleife mein Pferdchen hinterher und als Allerletzte
überqueren wir die Ziellinie. Selbst die 60er sind schon alle im
Ziel. Hut ab!
Puls mag keiner Messen, nur der 10 Minuten Puls wird genommen. Nun gut,
dann satteln wir erst ab, ich wasche Minchen Hals und Beine und
führe sie wieder vor. 58, na bestens. Die Hölle von Eisborn,
wir sind im Ziel. 216 Minuten reine Reitzeit.
Jetzt aber erstmal ordentlich Pony versorgen und eine angemessenen
Ladung Heu. Du hast so tapfer gekämpft. Die Ersten reihen sich zur
Nachuntersuchung ein, die Sonne kommt heraus, die Schlange wird immer
länger, wir haben Zeit.
Im Zelt gibt es Frikos und Würstchen frisch vom Grill, Nudelsalat
und jede Menge leckerer Kuchen. Die Sonne brennt mir warm auf den
Rücken, doch ein eisiger Wind weht über die Wiese. Schön
ist es hier.
Minchen ist zwar noch feucht, aber ich putze sie schon mal ordentlich
durch für die Nachuntersuchung. Dort wird es immer leerer,
eigentlich warten sie nur noch auf die Nachzügler.
Schließlich wird es auch für uns Zeit. Alles bestens,
Minchen ist in der Wertung, hurra! Die Hölle von Eisborn, wir
haben es geschafft. Minchen ich bin so stolz auf Dich.
Bei der Siegerehrung bekommen wir als erstes unsere Teilnehmerschleife,
für den letzen Platz in der Wertung, die ersten drei jeder Strecke
bekommen Pokale. So endet ein toller Ritt.
Ein höllisch schöner Ritt, anspruchsvoll, sehr gut
organisiert, nächstes Jahr sind wir auf jeden Fall wieder dabei
und trainieren vorher mehr Berge.
Und der nächste Tag? Knackig läuft mein Pony unsere Hausrunde! Was für ein Fjordie!