Katastrophentag II

wenn die Kutsche kippt
3. Februar 2008

als wäre eine kaputte Bremse und ein verlorener Splint nicht schlimm genug, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. Gestern hatte es kräftig geschneit, da war heute eigentlich Theorie angedacht. Aber die Straßen waren frei, so wurde aus der Unterrichtsstunde wieder Praxis.
Fahrschule, ein Kommunikationsproblem
nun läuft es wieder
geht doch schon prima!

Es war alles so schön, ein paar Schneereste auf den Feldern, bombiges Wetter, die Kamera im Anschlag, Tarpan im Geschirr. Richtig gut macht er das inzwischen. Spiegelglatte Eisflächen, knirschende, krachende Krusten auf den Pfützen, wenn die Kutsche einbricht, nichts kann ihn heute schocken. Er ist ja auch ein sehr cooles Pony. Ich muß aufpassen, das ich auf den Pfützen nicht ausrutsche. Den Wind im Rücken läßt es sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gut aushalten. Die Kamera pendelt am dicken Handschuh, zoomen kann ich damit nicht, aber immerhin den Auslöser betätigen. Bald sind die besten Bilder in der Kamera.
Heimwärts durch das Dorf geht es, das gibt keine schönen Motive, also mache ich es mir auf der Kutsche bequem, wie zwischendurch ja auch schon. Damit der Tarpan auch mal etwas anderes sieht, biegen wir nicht direkt heimwärts ab, sondern nehmen noch den Bogen über den Parkplatz. Ein Auto kommt uns entgegen, schön rechts bleiben. Das Auto passiert ungehindert, nun darf der Tarpan abbiegen. Voll des Lobes unterhalten wir uns über ihn. Da passiert es. Er nimmt die Kurve zu eng, die eine Leine ist zu locker, die andere zu stramm, die Peitsche fehlt, keiner hat genau aufgepasst, ein Zugstrang löst sich, Petra will von der Kutsche zum Tarpan springen, ich überlege das selbe, schimpfe mich einen Feigling und denke, dass ich auf der Kutsche eher nützlich bin, wenn ich verhindern kann, dass sie umkippt, da geht es schon los, im rasenden Galopp die Straße zurück. Ulrich tritt die Bremse durch, beide hängen in den Leinen, ich stehe hinten auf dem Wagen und versuche mein Bestes, aber der Wagen fängt an zu schlingern, schaukelt sich auf, kippt, wir fliegen von der Kutsche. Die Kamera landet im hohen Bogen in der Böschung, Ulrich hängt in den Zugsträngen, der Kutschbock geht verloren, der Sitz ebenfalls. Da bleibt der Tarpan stehen. Genau vor einem geparkten Auto. Die Kutsche steht hinter ihm auf ihren vier Rädern. Blut sickert mir vom Kopf, aus Tarpans Maul, in Petras Gesicht.
Tarpan wird flugs ausgespannt, ein baumelnder Hufschuh ärgert ihn, ich sammele meine Kamera ein, der Akku passt nicht mehr in sein Fach, sammele die Reste vom Wagen. Der hat "nur" ein verbogenes Schutzblech, links, die Schere ist verzogen, ein Patentschäkel verbogen, Tarpan ist schon wieder ganz cool, es scheint ihm gut zu gehen, Petra führt ihn Heim, Ulrich zieht die Kutsche, ich stehe noch etwas wackelig auf den Beinen. Wir alle spüren unsere Knochen. Sie sind noch alle da.

Die Sonne strahlt weiter von Himmel, es hätte alles so perfekt sein können.

Fazit, drei lädierte Fahrer, ein paar Schrammen an der Kutsche und an der Kamera, ein blutiges Pferdemaul, eine zerfetzte Jacke, blaue Flecke, Brandwunden. Die Karte von der Kamera habe ich zum Glück am Unfallort wiedergefunden :-). Das ging ja nochmal glimpflich ab, auch wenn ich mich jetzt nicht mehr in der Lage sehe, diese Geschichte zu Ende zu schreiben.

Das hätte mit jedem anderen Pferd auch passieren können, eine Verkettung von Fehlreaktionen, kaum saßen wir alle auf der Straße, ist er stehen geblieben! Das ist eben die Qualität eines Ponies, die besitzt auch der Tarpan.


Windspiel
Hättste, wennste, kennste
Nachlese

Kann es sein, dass der Tarpan sich gestern in der engen Wendung den Schuh ausgezogen hat und der pendelnde Schuh (vielleicht zusammen mit dem pendelnden Ortscheit) ihn so erschreckt hat? Schliesslich kennt er das noch nicht. Das würde sein Verhalten erklären, warum er durchgegangen ist und nicht nur einen Satz gemacht hat.
Vielleicht hätte eine Stotterbremse besser gewirkt. (Annehmen, nachgeben, annehmen, nachgeben...)

Habe mir überlegt, wie man den Unfall vielleicht hätte verhindern können. Man müsste den Schwenkbereich vom Ortscheid einschränken, damit es dem Pferd nicht in die Beine schlägt, wenn sich ein Zugstrang löst. Das Ortscheid soll ja nur die Bewegung des Pferdes ausgleichen, aber die 90° Drehung braucht man eigentlich an keiner Stelle (höchstens zum ein- und ausspannen). Die Reissleine hätte man bei Zeiten entfernen sollen! Dann löst sich auch kein Zugstrang unerlaubt.

Gestern nochmal mit Petra diskutiert, ob die Kutsche nun umgefallen ist oder nicht- dem Schutzblech nach zu urteilen ja, (wir bilden uns auch beide ein, sie fallen gesehen zu haben - und der Sitz lag ja auch auf der Straße), aber am Ende stand sie ja und mit dem Tarpan in der Schere kann sie ja nicht vollends umkippen - ohne dass das Pferd stürzt. Der Tarpan muß die gut gehalten haben, jedes andere Pferd wäre wahrscheinlich gestürzt. Mit der Deichsel (Zweispänner) wäre die Kutsche wohl richtig umgefallen.

Genau, der Zugstrang hat sich gelöst, das Ortscheit dreht sich um 90° und schlägt ihm in die Hinterhand, immer wieder , immer wieder, drum macht er nicht nur einen Satz sondern geht durch. Dazu noch die schleudernde Kutsche...

Wann genau der Schuh abgegangen ist, keine Ahnung, eventuell war es auch der pendelnde Schuh links und das Ortscheit von rechts zusammen zu viel für ihn - armer Kerl.

Wenn ihr mal wieder eine Meinungsverscheidenheit habt über Tempo und/oder Richtung, probier doch mal die Stotterbremse, anstatt einfach konstant am Zügel zu ziehen... 
Den Schleifspuren nach zu urteilen ist sie umgefallen, hat sich aber wohl wieder aufgerichtet.

Ich hab nur neben der Kutsche in der Fahrleine gelegen, und Petra kam mit blutige Nase und hat mich zum Ausspannen aufgefordert.

Tarpan war sehr tapfer, dass er die Kutsche gehalten hat.
 
Nachlese
8. Februar 2008

Wir haben und zum Fahrabzeichen angemeldet, Ulrich hat ein famoses Fahrlehrgerät gebaut und daran üben wir jetzt fleissig Theorie.


Schattenspiel

Schleifspur
*Bild. Ulrich Rüdiger

Gauplatz
*Bild. Ulrich Rüdiger


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