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Sag mal, könntest Du vielleicht...
Als mich eine Stallkollegin frug, ob ich vielleicht den St. Martin
für den katholischen Kindergarten in Alkenrath mimen könnte,
sagte ich gleich zu. Das ist ja mal was anderes und wenn kein Schnee
liegt, sollte es auch keine Probleme geben, Minchen ist inzwischen
Trubel gewöhnt, wir sind schon mitten durch den Besucherstrom vom
Obstmarkt in Leichlingen geritten, quer durch die Stadt, um in den
Bürgerbusch zu gelangen, und laute Musik gibt es auf Ralley und
Turnieren auch genügend. Doch was würde Minchen zu live-
Musik sagen? Mir wurde zugesichert, daß der St. Martin
schließlich vorne reitet und die Kapelle ganz hinten gehen
würde. Alles klar.
Urlaub genehmigt, schnell zum Stall. Es hat den ganzen Tag geregnet, da
ist nicht viel zu machen, also Minchen pitschnaß wie sie war in
den Hänger geladen und ins Dorf gefahren. Feierabendstau ist heute
zum Glück keiner. Auf dem Marktplatz vor der Sparkasse finde ich
Platz für das Gespann. Die Polizei ist auch schon da. "och, da ist
ein Pferd drin, mitten in der Stadt" ist eine Passantin ganz erstaunt -
naja, so an St. Martin, oder? Neugierig aber gelassen schaut Minchen
sich um. Darf der einen Apfel haben? "er" darf. Die Menschen um uns
herum werden immer mehr, langsam wird sie ungeduldig. Die Messe dauert
noch an. Wir drehen ein paar Runden um den Marktplatz, das findet
Minchen spannend, aber nach der dritten Runde erlischt ihr Interesse.
Da kommen die ersten Laternen aus der Kirche und es werden mehr und
mehr. Wieder ganz Ohr schaut Minchen zu, wie sich hinter ihr - oder
besser vor ihr - der Laternenzug formiert. Fertig geguckt, prima, dann
können wir ja losreiten, langsam Minchen, ganz ganz langsam. Nicht
so schnell. In winzigen Schrittchen trippelt Minchen brav weiter, nicht
so schnell, nicht so schnell. Die Kinder brennen natürlich vor
Neugier auf das Pferd und überholen immer wieder den heiligen St.
Martin, der Laternenzug folgt in düsterem Schweigen, in der Ferne
hören wir geisterhaft die Kapelle Martinslieder blasen. Nicht so
schnell. Wir können ja mal warten. Kreuz und quer windet sich der
Zug durch die wenigen Gassen des Dorfes, an geschmückten
Vorgärten entlang, vorbei an geparkten Autos. Hunde bellen,
Türen schlagen, Lichterketten, Laternen, Leuchtgirlanden. Hinter
der Zugbrücke liegt eine große Wiese an der Dhünn, dort
brennt bereits ein großes Feuer, knackend und knarzend ergeben
sich die Holzscheite der heißen Glut. Das nun findet Minchen
wieder aufregend, "weiter" jetzt also doch.
Vor dem großen knisternden funkensprühenden Feuer, dessen
Brennkörper so groß ist, wie sie selber, hat sie dann doch
Respekt. Näher als bis ich die Hitze im Gesicht spüre, geht
sie nicht ran, das sind vielleicht fünf Meter. Oder ist es die
matschige Wiese mit den Schneeresten, die ihr suspekt ist? Wir reiten
am Feuer vorbei, der Fackelzug genießt die Wärme des
prasselnden Feuers, Laternene, Eltern und Kinder gruppieren sich
jenseites des Funkenregens um das Feuer herum. Die Kapelle nimmt
gegenüber Aufstellung, da können wir unmöglich zwischen
durch Reiten, ohne jemanden zu gefährden. Nächstes Jahr...
Die Kapelle spielt ein letztes Martinslied, da löst sich der Zug
langsam auf. Nun endlich darf Minchen ordentlich ausschreiten. In
großen Schritten strebt sie zum Anhänger. Dort bekommen wir
unseren hoffentlich wohlverdienten Weckman, hier Minchen, ein Bein ist
für Dich. Wie nur ein Bein? Heftig protestiert sie mit ihrem -
noch ein Bein BITTE - ein blauer Fleck an meiner Wade wird sich
wohl in der nächsten Woche gelb färben.
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