Rennstau

Heute lasse ich meine Pferde auf dem Reitplatz laufen. Normalerweise halte ich davon genausowenig wie meine zwei Vierfüßer, doch bei den letzten Ritten wurde ich ordentlich durchgeschüttelt. Nun ja, wir sind ja auch umgezogen, statt auf einem großzügigen Matsche - Kletterpadock stehen die zwei auf einem trockenen - da befestigten - aber recht winzigen Auslauf. Sehnsüchtig werde ich schon am Tor erwartet. ungeduldig lassen die Pferde sich die Halfter überstreifen, versuchen, sich an mir vorbei durch das Tor zu mogeln. So nicht! Heute geht es zuerst auf den Reitplatz. zu meiner völligen Überraschung maschieren beide Ponies widerspruchslos, ja zügig mit. "Was hat sie wohl vor? Das ist ja Richtung Weide..." Unbedarft stapft Wotan durch das Tor, Minchen hinterher. Doch gleich kehrt sie wieder um, "Du, da fehlt was... die Grasnarbe ist soooo dürftig". Wotan schnobert am Boden, das ist Sand, richtiger cooler Sand, da kann man herrlich
o ein wohliges Sandbad nehmen!
Zweimal dreht er sich um die eigenen Achse und schon liegt er am Boden, wälzt sich genüßlich, schrubt den dichten Winterpelt im Sand, dreht sich um und um und bekommt garnicht genug. Minchen sieht ein, daß auch unter dem Zaun hindurch kein Grün zu erhaschen ist, schaut den Kopf auf meine Schulter gelegt aufmerksam Wotans Treiben zu. Eigentlich hat er im Padock eine Dreckecke, wo er sich fast täglich hinlegt, aber Sand bleibt doch ganz etwas Besonderes. Und nun ? Schnaubend erhebt Wotan sich aus der Erde, schüttelt den überschüssigen Sand aus seinem Fell, ich bleibe in der Mitte der Bahn stehen, warte ab, was passiert. Was jetzt?
Das ist Sand, richtig cooler Sand, da kann man auch famos
o springen und buckeln!
und schon schießt er die getankten Winterenergien heraus. Wotan springt hoch in die Luft, keilt kräftig aus, was das Zeug hält, galoppiert eine halbe Runde auf dem Zirkel um uns herum. Da ist es auch um Minchen geschehen, das läßt sie sich nicht zweimal sagen, explodiert förmlich, buckelt mit ihm um die Wette in die Luft, bevorzugt die Diagonale. In der Ecke wird scharf gebremst, aufmerksam lauscht sie in das uns umgebene Dunkel der Nacht, doch es ist einfach Nichts da, wovor sie sich erschrecken könnte. Hier komme ich mit ins Spiel. Vor mir kann man wunderbar davonlaufen, cutten, das Spiel beginnt.
In atemberaubendem Tempo startet sie durch, aus der Ecke heraus, diagonal über den Platz, wirft sich herum, beschleunigt an der langen Seite gefährlich zu rasantem Galopp, trabt auf mich zu, nur um schlagend wieder durchzubrennen. Ich meinerseites täusche ähnliche Manöver an, Minchen dreht verwundert ein Ohr ob meiner Akrobatik.
Das ist Rennstau, das ist beängstigend, das ist ein wahnsinns-Tempo mit dem sie da an mir vorbeidonnert. Irre.
Meine Peitsche ist ganz und gar überflüssig, also deponiere ich sie am Tor. Oh, das Tor, das ist das Signal, beide Pferde rücken mir sogleich auf die Pelle, Futterzeit! Was, schon genug ?
Ich klatsche in die Hände, Minchen spurtet noch einmal von dannen, doch Wotan - der Senior - bringt sich schnell in Sicherheit. Nun reicht es, Rennstau ausgetobt. Wotan kommt auf Zuruf gleich angestiefelt, das macht er gerne, vielleicht kann er die Sache durch "Abholen" beschleunigen, doch Minchen belagert beharrlich das Tor, denkt garnicht daran, ihre Position aufzugeben. Erster, ihr Wunsch ist eindeutig. Endlich gibt sie nach, holt sich ihr Leckerchen ab. Einträchtig nebeneinander kehren wir wieder am Hof ein, ich ziehe ihnen die Halfter über die Ohren, den Weg in ihre Boxe finden sie allein.
 
 
 
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