Breitensportturnier Vinxel

9. September 2006
die Sonne brennt unbarmherzig. Ein stetiger Wind bläst über das Gelände. Der Staub weht vom Springplatz herüber. Puh, wenn wir nicht bald dran sind, sind wir keine Sonne mehr, sondern eine Staubwolke. Mein Mund ist völlig ausgetrocknet und ich bin nervös ...

... doch hübsch der Reihe nach.
Auf einmal kam die Nachricht, daß die Prüfungen des Turniers auf einen Tag zusammengefaßt werden, so entschloß ich mich etwas kurzfristig, doch noch teilzunehmen. Das "Freestyle Showbild mit Kostüm" hatte es mir angetan, einen Präzisionsparcour und eine Rittigkeitsprüfung habe ich gleich mitgenommen. Drei Prüfungen reichen für Minchen an einen Tag, das war eine weise Entscheidung.
Drei Wochen lang habe ich also geprobt, Musik ausgewählt, zusammengeschnitten, eine Kür geübt, ein Kostüm genäht. Sonne sollte es werden, mit Rammsteins Musik "Sonne", frei nach der Sage von Skinfakse, aber das ist eine andere Legende, die an anderer Stelle erzählt werden soll. Sogar zwei Tage Urlaub habe ich eingereicht, damit alles pünktlich fertig wird. Die Krönung wäre noch eine Lichterkette gewesen, um Minchens Sonnenstrahlen so richtig erleuchten zu lassen. Aber so wie die Sonne schien, hätte man es eh nicht gesehen und der Satinstoff zusammen mit dem Transparentpapier dürfe auch so Akzente gesetzt haben.
Der große Tag rückt näher. Es ist Vollmond, trotz fortgeschrittener Nacht bin ich quitschfidel und nervös. Erst als der Wecker rappelt ...
Auf nach Vinxel geht die Reise.
Mina hat sich natürlich in ihren Mist gelegt, müde blinzelt sie mir entgegen, die Mähne voller Stroh, noch überhaupt nicht richtig wach. So ist bei unserer Ankunft das Heunetz kaum berührt. Ups.
Wo können wir parken? Die Anhänger stehen dicht an dicht. Vom Feldrand ist ein Streifen nur gegrubbert, da werden wir hingeschickt, bitte durchfahren, denn hinter uns reihen sich noch mehrere Anhänger ein.
Schnell zur Meldestelle, denn wenn die Startreihenfolge nach Reiter geht, bin ich im Streß, dann bin ich zuerst dran und habe noch dreißig Minuten Zeit, mit einem Parkplatz am Ende des Gutes und einem Mistfleck ... aber es geht nach Pferd, wir sind fast zum Schluß dran puh.
Ganz gemütlich geht es bei uns also zu. Wir haben noch mindestens eine Stunde Zeit. Erstmal Minchen einen Paddock aufbauen, mit Schatten vom Anhänger und Gras vom Feldrand und einem Korb Heu, den ich vorsorglich eingepackt habe. Minchen holt ihr Frühstück nach, ich beseitige den Mistfleck, wir schlumpfen eine Runde über das Gelände. Der Dressurplatz liegt hübsch in einer Senke, über den Springplatz auf der Anhöhe wegt der Wind den Staub. Der Springplatz ist unterteilt in den Aktionsparcour und einen Abreiteplatz, aber da Minchen zwischen so vielen fremden Pferden ganz verklemmt, spare ich mir das Abreiten.
Am Präzisionsparcour gibt es Lücken, da die Starter noch im Aktionsparcour sind. Ich hole Minchen und stelle mich an, hier gibt es keine festgelegte Startreihenfolge mehr, ein Ordner fehlt auch. Aber bei so geringem Andrang ist das kein Problem.
Das sechste Hindernis ist ein Fahhradreifen, in dem eine Vorhandwendung gezeigt werden soll, Vorhand? Ich versichere mich bei den Richtern, denn laut Ausschreibung müste eine Hinterhandwendung sein, aber sie wollen eine Vorhandwendung sehen, also werden wir ihnen die auch zeigen. Grüßen, läuten, Minchen auf geht es über die Plane, über die Trabstangen. Es sind nur vier und sie liegen großzügig, trotzdem holzt Minchen sie nieder. Das L, seitwärt hinaus, kein Problem, Minchen nimm den Hintern mit. Rückwärts zwischen zwei Stangen hindurch, Minchen schwankt etwas beim Einfädeln, aber die Stangen bleiben liegen, über die Wippe und eine wunderschöne Vorhandwendung. Es ist zwar nur ein Huf im Reifen, aber Minchen läßt den 1A stehen. Das war eine gute Vorstellung.

Bis zur Rittigkeit haben wir noch ewig Pause. Zwischen den beiden Reitplätzen liegt eine schöne Wiese mit grünem saftigen Gras. Wir machen es uns gemütlich. Katja und Marianne haben eine Decke und Picknick mit, Minchen grast in der Nähe, neben uns absolviert ein Reiter nach dem anderen den Aktionsparcour, unter uns haben wir einen Blick auf das Dressurviereck, um uns herum Lautsprecher, Leute, Pferde, herrlich. War ich bei den Reiterspielen Wiehbachtal noch total overdressed - aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll - bin ich hier mit Hemd, Stiefeln und Gürtel genau richtig angezogen. Die klassisch Reiter dominieren das Bild, schnieke herausgeputzt, die Pferde ordentlich eingeflochten, nur eine kleine Minderheit startet im T-Shirt.
Es wird zur Siegerehrung gerufen, hoppla, da sind wir dabei. Die Trabstangen fielen wohl des öfteren, unsere 6,8 reichen für den fünften Platz. Auf zur Ehrenrunde im Galopp zur Musik und Minchen macht brav mit.
* Bilder: Katja Kroker

Schnell die Schleife im Auto verstaut, Minchen macht sich schon mal selbstständig auf den Weg zurück zum Turnierplatz. Hey, Minchen, ist das Gras da so viel besser?

Auf dem Dressurplatz startet die Rittigkeit, auf dem Springplatz wird "Gehorsam an der Hand im Trail" verlangt. Minchen hat genug gerast und döst jetzt in der Sonne - ups ... Auch die Rittigkeit startet zunächst schleppend, da die meisten Teilnehmer mehrere Prüfungen genannt haben, so daß ich denke, es wird wieder durcheinander gestartet und stelle mich an. Doch dann knubbelt es sich doch. Minchen ist flott unterwegs, ich muß sie ganz schön halten. Naja, was so ein Distanzfjordie ist ... Der Linksgalopp klemmt zur Zeit etwas, so auch heute springt sie falsch an, doch ich kann gleich korrigieren. Den Rest läuft sie artig, im großen und Ganzen bin ich zufrieden. Sie lief hier in der Fremde nicht schlechter oder besser, als bei den Wiehbachtalern, wo sie ja schon fast zu Hause ist. Und die Wertnote? Die Richter sind sich uneins, "dem Reitstil entprechend" ... kennen die den Westernreitstil nicht, oder nur die Mr und Mrs Perfekt auf den großen Turnieren? Schließlich einigen sie sich auf eine 6,0 Minchen war zu flott unterwegs, kein Westernschluffi, mir ist sie so lieber.

* Bilder: Katja Kroker

Zurück am Anhänger säuft sie erstmal zehn Liter Wasser. Diesmal parke ich sie im Paddock, da kann sie im Schatten dösen, bis zur Kür haben wir noch vieieeel Zeit, wirklich viel? Eine Stunde brauche ich mindestens für die ganzen Transparentpapiertütchen ....
Zunächst schauen wir uns aber den Horse and Dog Trail an. Ein Agilitiparcour für Hunde, ein Trail für Pferde. Die meisten Hunde sind von der Körpersprache ihrer reitenden Frauchen doch eher verunsichert, so hagelt es Fehlerpunkte. Zur Siegerehrung der Rittigkeit müssen wir diesmal nicht.
Das Turnier liegt gut im Zeitplan. Die Caprilliprüfung und den Führzügeltrail kann ich mir leider nicht anschauen, Minchen muß ja noch kostümiert werden. Kaum liegt der Sattel wieder auf ihrem Rücken ist sie auch schon geschwitzt. Ein norwegischer Winterpelz taugt halt nicht bei 25°, auch wenn eine frische Brise weht. Mit zwei paar helfenden Händen von Marianne und Katja werde ich pünktlich fertig. Zu meinem Leidwesen findet die Kür auf dem staubigen Springplatz statt und diesmal muß ich auch abreiten mit dem ganzen Gebamsel. Oh weh, die Fransen drehen sich um den Expander und die Backenstücke, so daß sie Minchen knapp ans Auge reichen. Diese ist etwas erbost über ihren Kopfputz, ärgerlich schüttelt sie die Mähen. Aber sie schaut prächtig aus.

Auf dem Abreiteplatz halten wir uns am Rand, denn wir wollen mit unserem Kostüm die Pferde in der Prüfung ja nicht ablenken. Minchen ist immernoch flott unterwegs, mit starker Tendenz Richtung Ausgang, aber brav. Die Staubwolken werden immer dichter, noch eine Weile und wir treten doch als Nacht auf.
Die meisten Teilnehmer der Kür sind noch nicht fertig, so geht die Reihenfolge wieder nach Anwesenheit. Podolski reitet, das Wetter erinnert stark an die WM Zeit in Deutschland, ja, so war das. Dann sind wir auch schon dran, Minchen blos brav jetzt. Minchen stürmt los und mir bleibt die Spucke weg, aber sie bleibt in der Bahn, die ja nur mit Springstangen gekennzeichnet ist. Minchen, laß die Rennerei sein. Einfache Schlangenlinie, der Staub, Mina laß die Rennerei sein, puh, der Staub, durch Bahn, Volte, Staub, Volte.
Geübt haben wir zu Hause in der Halle - 20x30 Meter, hier mist die Bahn 20x40 Meter und es weht ein sanfter Wind, der auf meinen Spitzhut drückt und an meinem Umhang zerrt. Aber es paßt, hurra, es paßt. Genau bei C, "hier kommt die Sonne" - nein, hier strahlt die Sonne.
Einfacher Galoppwechsel, also einfach war das nicht ... und fliegend auch nicht, hohoo, ruhig jetzt, Schritt. "legt sich schmerzend auf die Brust, das Gleichgewicht wird zum Verlust", schwankt Minchen im Seitengangwechsel durch die Bahn, Mittelzirkel, Volte, Punktgenau Angalopp aus dem Schritt, braves Minchen, ruhig jetzt, Schritt und zurück. Naja, etwas schief aber ein schönes Bild. Mein Pony muß unbedingt in den Schatten. Nächstes Mal machen wir Lola rennt .. doch die Stimmen aus dem Publikum sind durchweg positiv.
* Bilder: Marianne Haunschild
Nach uns kommen die Piraten, eine Ponyquadrille mit lila T-Shirts, die Pink Panther und eine Barockkür. Zwei Islandpferdereiter mimen Phantom der Oper, das war ziemlich gut, gefolgt von Nena und 99 Luftballons - ich hätte nicht gedacht, daß man auf dieses Lied so gut reiten kann, aber die Kür gefällt mir ausgesprochen gut, der Rhytmus past perfekt zu den Gangarten. Wie unglaublich viel Arbeit in diesen Schaubildern steckt. Die Isländerkür findet auf dem Dressurplatz statt, alle einmal wenden bitte, das Synchronvoltigieren in bunten T-Shirts wieder auf dem Springplatz. Zum Schluß folgt ein viertelstündiger Auftritt der Camarquepferdereiter in traditioneller Tracht. Eine Siegerehrung gibt es bei dieser Prüfung nicht, alle Teilnehmer erhalten eine Anerkennung, das Rennen um den Publikumsliebling gewinnen natürlich die Kinder. Alle Mann zur Ehrenrunde, das wird ein bunter Haufen.

Nun kann Minchen aufatmen, zurück am Anhänger tut sie das sichtlich. Genießerisch läßt sie sich die Leckerleis schmecken, den Mähnenschmuck entfernen, absatteln und sich von drei paar Händen verwöhnen.
Das war ein sehr schönes Turnier.

Danke an Katja und Marianne als Helferinnen und Filmerinnen und Andreas für die Kamera.

designed by igramul