Buchstabensalat

"Dienstweg, Durchgang verboten"
Oder warum startet man auf einer Ralley?
Die richtige Autobahn ist schnell gefunden, die Ralley startet in Willich Schiebahn, doch ich fahre an der Ausfahrt vorbei, um exakt der Wegebeschreibung zu folgen und die beginnt mit der Ausfahrt Neersen. "Bei Möhren Brocker rechts abbiegen", leider sind "Möhren Brocker" weit und breit nicht zu sehen, dafür ein großes Schild einer Schreinerei. Ich Kurve durch Schiefbahn hindurch, Minchen hintendran, da bin ich wieder an der Autobahn. Schön, den Umweg hätte ich mir also sparen können. Eine Wendemöglichkeit ist schnell gefunden, da piepst das Handy "suchst Du auch so lange? bin jetzt da." Hier ist ein großer Parkplatz, da kann ich eben zurückrufen. Ja, bitte erklär mal, wie hast Du es gefunden?
Zurück durch Schiefbahn, von dieser Seite aus kann man die große Lagerhalle tatsächlich als "Möhren Brocker" identifizieren, es wäre das Schild mit der Schreinerei gewesen, nur leider ist die in der Wegebeschreibung nicht erwähnt. "Am Ende der Straße links". Ich komme an eine kleine Kreuzung, geradeaus ist nur für Anlieger frei und die Straße ist recht eng, aber ich bin schon andere Wege gelotst worden, "das Ende der Straße" ist ds für mich jedenfalls nicht. Gerade will ich weiterfahren, als mich von links ein großer offener Pferdeanhänger angähnt, verdammt. Minchen wird unsanft durchgeschüttelt, als ich zurücksetzte, tatsächlich, der Anhänger (allerdings ohne Zugfahrzeug davor) steht vor einem "Buschof", hier sind wir richtig, mit einer knappen halben Stunde Verspätung am Ziel.
Wir parken direkt neben einem herrlichen Reitweg, doch das ABC geleitet uns die Straße entlang unter der Autobahn hindurch. Zu unserem starken Team Abai & Minchen gesellt sich der Hengst Mio, der allerdings viel lieber der Araberstute folgen würde. Also halten wir möglichst großen Abstand zum anderen Team. Zunächst geht es recht harmlos durch den Wald, unter einer Brücke durch, was steht auf dem Schild zum ersten? "Dienstweg, Durchgang verboten". Ein anderes Schild ist nicht zu finden. Einmal links, einmal rechts, an jeder Ecke ein Buchstabe. Na, wenn das so weitergeht, läßt die Karte sich gut lesen. Bei F müssen wir laut Karte wieder links abbiegen, doch da verließen sie ihn... kein Buchstabe weit und breit. Wir lösen schon mal ein paar Fragen des umfangreichen Fragebogens, nenne drei Großpferderassen, halt, nicht so viele, nur drei... nenne drei Ponyrassen... Was ist bei der Pferdehaltung wichtig, was zur Weidepflege? Die Araber kommen zurück, nanu? Schließlich kehren auch wir um. Zurück an der F Kreuzung begegnen  wir einem weiteren Team, das ratlos die Karte studiert. Probieren wir es geradeaus... Das zweifarbige Haus auf der rechten Seite paßt immerhin zum Fragenkatalog. Was steht auf dem Schild. "bollen ist doof" hat da jemand mit Edding draufgepinselt, damit es nicht so langweilig wird. Nun müssen wir aber wirlich links der Straße folgen. Ja richtig, Straße und diese zieht sich endlos, obwohl es auf der Karte nur 2 Millimeter sind. Oh man, was haben wir geflucht. Am liebsten würden wir umdrehen, einpacken und abreisen. Warum wir es nicht tun? Die Hoffnung auf Besserung, die Hoffnung, daß dies alles nicht wahr ist und wir uns nur elendig verritten haben, die Hoffnung stirbt zuletzt. Also reiten wir weiter. Bei J müssen wir rechts abbiegen und links etwas sehen. Hmmm, einen Feldweg gibt es tatsächlich, aber links davon gibt es blos eine Wiese und ein J finden wir auch nicht. Unsere Laune sinkt und sinkt. Am Griechen angekommen greifen wir zum Handy, wo geht es weiter? Der Feldweg wäre richtig gewesen, also zurück über den Asphalt. Und was seht ihr Links liegen? "Na, eine Wiese natürlich!".
Einige Meter weiter finden wir sogar den Buchstaben J, K scheint verschwunden, aber da die nächste Frage eindeutig ist und die Karte stellenweise auch mal korrekt biegen wir zwei Querwege später links ab. Über einen Schotterweg vorbei an einem überdimensionalen Betonhuhn (heißer Tipp für eine Frage bei einer Geländeralley!) biegen wir hinter der Scheune rechts ab, was sehr ihr nun links liegen (ein Haferfeld?) Wir nähern uns einem Pferdehof, das muß er sein, der Stall Richter bei N. Aber nein, per Handy werden wir über die große Straße gelotzt, direkt an der großen Kreuzung ist Pause, sehr gemütlich. Nach 10 Minuten abgasgeschwängerter Grasmahlzeit für die Pferde setzten wir unseren Weg über die Asphaltpiste entlang der Autobahn fort. Bei nächster Gelegenheit müssen wir sie unterqueren, was steht auf dem Schild zum zweiten? "Dienstweg, Durchgang verboten", was sonst? Nun wird es ruhiger. Wenigstens für ein paar Meter. Links füttert ein Bauer seine Rinder im Offenstall, da kommen wir an ein Flüßchen, welches? Die Antwort ist schon schwieriger zu finden, was steht den auf dem Schild? "Achtung Überflutungsgefahr.. " oder so ähnlich, "Der Niersverband". Na, dann wird das wohl die Niers sein, die fließt ja auch am Niederrhein. Ein paar Meter weiter wird es eindeutig, auf einer Tafel wird die Mündung des Sowiesobaches in die Niers erläutert, hurra, unsere Antwort ist richtig. Von dieser Art Aufgaben hätte ich mir mehr gewünscht, da konnte man wenigstens ein ganz bischen kombinieren.
Auch diese Straße hat ein Ende und mündet vor den Toren der Trabrennbahn Mönchengladbachs auf einer großen Straße. Was nun? Buchstaben sind keine zu finden, die Karte ist eine Katastrophe. Man könnte sie so interpretieren, daß man hier rechts muß, denn die Trabrennbahn muß linker Hand liegen. Doch da ist nur der Flughafen. Aber vielleicht führt da ja wieder ein kleines Sträßchen ab? Unsere Laune nähert sich dem Tiefpunkt. Die übelsten Vorwürfe denken wir uns aus, was wir denen da im Ziel alles an den Kopf schmeißen werden... . Auf dem Flughafengelände liegt ein Haufen Pferdeäppel, also entweder hat sich hier heute schon jemand verritten... aber weiter geht es hier wirklich nicht. Verzweifelt greifen wir wieder zum Handy. Unter der Autobahn hätten wir weiterreiten müssen, durch den Zaun vom Trödelmarkt hindurch RECHTER Hand die Rennbahn. Ein bezaubernder Ritt, so mitten in Mönchengladbach, zwischen Schrott und Müll unter der Autobahn...
Hinter dem Trödelmarkt führt ein roter Fußweg am Flughafen entlang. Plötzlich taucht vor uns ein Buchstabe auf, ein P. Was, Buchstaben, die gibt es noch? Und wieso ein P, wir wähnten uns viel weiter... Was für ein Gebäude liegt rechts von uns? Der Hangar vom Flughafen. Links liegt eine Wiese, komm, laßt uns wenigsten ein Stückchen traben, mir ist eiskalt. Wir nähern uns dem Waldrand. Von links führt ein Reitweg an den Fußweg heran, huch, wo kommt denn der auf einmal her? Ein herrlicher Weg durch den Wald, ein wenig aufgeweicht vom Regen, aber gutes Geläuf, hurra, Pferde, streckt Euch. Doch da sind wir auch schon wieder falsch, bei F, da hätten wir nicht landen sollen. Egal jetzt, hier geht es "nach Hause", den Rest raten wir einfach. Die Laune ist auf dem Gefrierpunkt angekommen, wir haben genug. Darf man geradeaus weiterreiten? Nö, bestimmt verboten... der letzte Abschnitt führt über einen Abstecher, einmal um die Wiese herum, ein toller Sandweg, den nehmen wir noch mit im Galopp. W, was für ein Boden hat der Weg? "Endlich mal Sand!" Bei X Y und Z müssen wir ausnahmsweise keine Aufgaben erledigen. Die Pferde lösen sich, der Unmut fliegt hinter uns davon. Jetzte noch schnell den Trail und ab nach Hause. Hoppla, was ist denn das, die kenn ich ja! :-) Alte Bekannte aus Krefeld haben sich auf den Weg gemacht, und auf dieser Ralley zu treffen, darüber freue ich mich wirklich sehr! Klar, daß zunächst der neueste Klatsch vom Eumeshof erzählt werden muß! Doch wir sind noch mitten im Spiel, der Fragenkatalog muß auch noch abgegeben werden. Gemeinsam beschriften wir noch die restlichen Zeichnungen, den Verdauungstrakt des Pferdes, das Pferdebein, Abzeichen an Kopf und Beinen, der Huf, ein Sattel,  Anatomie. Beim Abgeben und Einreiten in den Trail erledigen wir brav die A Aufgabe, singen "Alle meine Entchen" und sind damit die Einzigen, die tatsächlich Singen. Fahnenrennen um drei Tonnen, je schneller die Gangart, desto mehr Punkte, Slalomreiten mit einem Ei auf einem Löffel, Flattervorhang, Stangen U, groundtying im Stangenviereck, Trabstangen. Abai reißt es raus, indem er einen megaperfekten Trail hinlegt, Fahnenrennen im versammelten Galopp, sliding stop, während Minchen mal wieder mit den Tonnen Fußball spielt und das Streichergebnis produziert. Anita und Mio erringen einen Punkt mehr für unser Team. Nun können wir weiterquatschen, die Pferde versorgen, sie beruhigt auf dem Paddock zurücklassen. Johnny, Uta und Svenja müssen sich leider schon verabschieden. Kurz vor dem Tod durch Erfrieren schreiten wir zur Siegerehrung. Am Ende belegen wir mit unserer Leistung sogar den ersten Platz. Dafür bekommen wir eine schöne Urkunde, handgravierte Teetassen aus Glas, passend zu den Trophäen vom Rurseecup und einen Griff in den Präsentkorb.

Resümee
Was steht auf dem Schild? "Dienstweg, Durchgang verboten". zum ersten, zum zweiten, zum dritten. Mehr ist Euch wirklich nicht eingefallen?
Phantasielos, schlechte Wege, Öde Gegend, eine katastrophale Karte, schlichtweg falsche Wegebeschreibung... (unter "am Ende der Straße" stelle ich mir jedenfalls keine Kreuzung vor) Wenn sich schon der Testreiter verreitet und Pferdeäppel auf dem Flughafen hinterläßt.... wähnen sich 3 ortsfremde Reiter ganz richtig.
Warum reitet man bei einer Ralley mit?

Um mal woanders zu reiten
Für einen schönen Ritt
Für anspruchsvolle oder phantasiereiche Aufgaben die viel Spaß bringen
Den Teamgeist zu stärken
Tolle Preise absahnen oder dem Veranstalter einen Gefallen tun
Freunde und Reiter treffen

Nun ja, schlechte Wege nimmt man in Kauf, wenn die Ralley oder die Landschaft reizvoll sind, blöde Fragen sind tolerierbar, wenn es ein schöner Ritt ist, auch ein Verreiten ist weniger tragisch, wenn die Bodenqualität gut ist, aber selbst dann dämpft erfahrungsgemäß solch ein Patzer die Laune erheblich, selbst ohne Zeitlimit. A und O einer Ralley sind eine gute Karte, eine fehlerfreie unmißverständliche Wegebeschreibung oder eine eindeutige und dauerhafte Markierung oder man schreibt das Ganze als O-Ritt aus, aber dann ist eine Topografische Karte Pflicht! Sicher, auch zu Hause reite ich über Straßen, an der Bahnlinie entlang und unter der Autobahn her, wenn es sich nicht vermeiden läßt, aber wenn ich einlade, Freunde und Bekannte keine Umstände und Mühen scheuen, ihre Pferde verladen und viele Kilometer weit angereist kommen, dann suche ich doch unsere schönsten Strecken aus!
Die nächste Ralley suchen Silke und Abai aus.
 
 

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