Einsteigen Bitte!

Mein Reisepferdchen Teimina
Wenn ich sage, "Minchen ab in den Hänger", maschiert Minchen auf den Anhänger und ich schließe hinter ihr die Querstange. Zum Ausladen öffne ich die Absperrung, fordere Minchen auf, herauszukommen und Minchen tastet sich vorsichtig rückwärts, sobald ihr Kopf erscheint, nehme ich sie in Empfang. Das funktioniert prima - solange andere Pferde mitfahren. Alleine mag sie  nicht wegfahren, da muß ich vorangehen, damit sie mir in den Anhänger folgen kann.

Teimina
Als kleines Fohlen ging Minchen problemlos in den Anhänger, da gab es Futter, das war interessant, da konnte man wenden und wieder herausspazieren - ja, wenn man ein kleines Fohlen ist... Gefahren wurde sie nicht. Als 3 -Jährige fuhr sie mit ihrer Mutter zum Hengst, wurde vergewaltigt, bekam aber nie ein Fohlen. Dafür war ihre Begeisterung für den Anhänger gründlich erloschen, außerdem reagierte sie auf fremde Pferde nervös und agressiv, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes mal erzählt werden. Das war nicht weiter tragisch, sie war "drittes Rad am Wagen" und wir wollten sowieso nirgendwo mit ihr hin - bis ich einen festen Job hatte, seßhaft wurde und die Pferde zu mir holte. Das Verladen war ein großes Theater aber letztendlich standen beide Pferde auf dem Anhänger.

Gut 2 Jahre später
Aus dem ehemals überflüssigen verfetteten Minchen ist ein passables Reitpferdchen geworden. Sehnsüchtigen Blickes verfolge ich eine Stallkameradin beim Verladen, zu gerne würde ich sie auf den Ausritt begleiten, wenn - ja wenn mein Pferd sich so vorbildlich und selbstsicher verladen lassen würde!
Eines Tages fordert sie mich auf, doch mitzufahren. Vor Begeisterung denke ich garnicht an das Verladeproblem, spurte los, mein Pferdchen zu holen und bin in sekundenschnelle wieder da. Peppi maschiert ohne zu zögern ganz alleine auf den Hänger, sieht sich nach Minchen um, zupft genüßlich am Heu, doch Minchen steht an der Rampe, stemmt die Hufe in die Erde, "da rein, niemals!". Jessica hinter ihr ruft ungeduldig, "nuh geh schon" und Minchen poltert an mir vorbei, läßt mich sprachlos erstaunt stehen, das Heu fest im Visir.
Die Fahrt ist aufregend, ich habe mindestens 100 Schmetterlinge im Bauch, auch mein Pferdchen schwitzt stark, doch nach dem Ritt steigt sie brav wieder ein, das Eis ist gebrochen. Ja, beim nächsten Ausflug läßt sie sich sogar hineinschicken, ohne daß Peppi vorgeht, so machen die Ausflüge Spaß. Bald ist es ein Sport, ihr rechtzeitig die Stange zu öffnen, die Finger in Sicherheit zu bringen, bevor sie die Rampe betritt.
So bleibt es bis - ja bis ich zum ersten Mal alleine mit ihr wegfahre. Wir treffen uns dort zwar mit anderen Pferden, aber hinterher mag sie überhaupt nicht einsteigen, stellt sich quer und stur, versucht an der Rampe vorbeizudrängeln. Doch hinter mir her betritt sie den Hänger, läßt sich auch sicher verstauen, rührt aber das Heu nicht an. Zu Hause zeigt sie Koliksymptome, der Tierarzt diagnostiziert einen Infekt "das ist nicht nur eine Kolik", die sich die folgenden vier Wochen durch den Stall schleppt. Minchen ist richtig krank.
Das Verladen klappt wieder, nur alleine steigt sie eben nicht ein, da muß ich vorgehen.

Wotan ist da ganz anders
Ihm ist das Fahren ein Graus, hat er doch schon erlebt, wie ein Gespann heftig ins Schleudern geriet und der Hänger auf zwei Rädern balancierend fast umkippte. Erst nach gründlicher Überzeugungsarbeit mit viel Tricks - flinken Helfern, die schnell zumachen, bevor er wieder herausspringt...- und einem Eimer Hafer steigt er schließlich ein.
Inzwischen besitzte ich einen eigenen Anhänger, der Umzug steht bevor. Ich möchte Wotan die Angst vor dem Fahren nehmen und den Umzug so streßfrei wie möglich gestalten. Darum übe ich mit ihm. Wotan ist alles andere als begeistert, der Hafereimer wird schlichtweg ignoriert, er steigt da nicht ein! Da hilft kein gutes Zureden, keine Peitsche, kein Zuckerbrot, er bleibt vor der Rampe stehen und bestaunt die Gegend. Nach ca. einer Stunde kommt der Hunger, nun wird das Futter doch interessant. Eine Haferspur lockt ihn mit der Nase bis in das Innere des Anhängers, ein Huf wird testweise auf die Rampe gesetzt. Ich nehme im Hänger Platz, Wotan am langen Strick haltend und harre der Dinge, die da kommen mögen. Nach einem entsetzten Sprung rückwärts und einer neuen Haferspur setzt er schließlich beide Vorderhufe auf die Rampe, schnobert im Inneren des Hängers herum, wagt noch einen vorsichtigen Schritt, fährt aber wieder entsetzt zurück, kommt gleich wieder an nur um rückwärts wieder hinauszuspringen, nähert sich wieder um doch noch eine handvoll Hafer aus dem Eimer zu ergattern. Der Boden wird gründlich geputzt, bevor er schließlich - nach nur 3 Stunden - ganz hereinkommt und sein Futter frißt. Fünfmal springt er noch heruas, fünfmal kommt er wieder herein, bis der Eimer endlich leer ist und wir die Übung beenden.
Bei der zweiten Übungseinheit klappt alles schon viel besser. Nach nur 15 Minuten hat Wotan die Haferspur bis zum Eimer verfolgt, frißt sein ganzes Abendessen ohne Unterbrechung. Na, das läßt doch hoffen.

Der Umzug
Schließlich kommt der große Tag, der Umzug. Völlig erschöpft von der Renovierung beschließe ich, das nun auch hinter mich zu bringen, noch heute, denn mogen klappe ich bestimmt zusammen. Zur besten Futterzeit halten meine Pferde von der Idee in den Anhänger zu steigen garnichts. Ich führe beide Pferde an die Rampe heran, Wotan links, Minchen rechts, so wie sie es geübt haben, doch beide Pferde streben heftig in Richtung ihrer gewohnten Boxe, wo sie ihr Abendessen vermuten. Dabei ist alles gründlich verstaut, jeden Millimeter nutzend im Auto. Mir bleibt nichts anderes über, übergebe Wotans Strick einem Helfer - Danke Micha - und weise Minchen den Weg. Das Heu überzeugt sie und Wotan maschiert dann auch brav hinterher.

6 Wochen hat Minchen Zeit, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, bis wir zu neuen Abenteuern aufbrechen. Hier ist der Drang der Stallkollegen, andere Gegenden zu erkunden nur gering, so daß wir unsere Ausflüge alleine antreten müssen. Schicken läßt sie sich darum nicht gerade, aber ein Drama ist das Verladen auch nicht mehr.

Hier noch ein paar nette Tipps, die ich auf der Homepage von Henra gefunden habe. Leider hat Henra diese Seite gelöscht, doch ich habe diese Tipps in niedlichem niederländisch-deutsch für sie gerettet.

Die angepaßte Fahrweise
Viele Pferde steigen nicht (mehr) in den Anhänger, warum?
Das Pferd ist ein Steppentier, eingesperrt sein ist ihm ein Graus. Pferde sind weitsichtig, in einem engen, dunklen Anhänger- mit vielleicht schmutzigen vergilbten Fensterscheiben sind sie praktisch blind. Vielleicht ist die Fahrweise zu unruhig, der Hänger schlecht gepolstert, der Boden rutschig? Die Stangen lassen sich prima für ein paar Cent mit Rohrisolation aus dem Baumarkt entschärfen.
Man sollte sich auch immer bewußt sein, daß es strikt verboten ist, Menschen in Anhängern zu transportieren - ausgenommen Schienenfahrzeuge. Flüssigkeitstransporte unterliegen strengen Sicherheitsauflagen und wir Pferdemenschen transportieren diese in lebendiger Form! - dazu noch mit einem ungünstigen hohen Schwerpunkt zumeist mit einem viel zu schwachen Zugfahrzeug. Im Autobahnkringel fahre ich höchstens 30 km/h und wenn hinter mir zwanzig genervte Autofahrer schlange fahren, schaue ich einfach nicht in den Rückspiegel. Es ist schließlich mein Liebling da hinten drin. Auch vor dem Gasgeben vergewissere ich mich, daß das Gespann gerade gezogen ist.
Besonders unangenehm für die Pferde sind Verkehrsinseln und Kreisverkehre aufgrund des schnellen unerwarteten Richtungswechsels.
Manche Pferde fürchten sich auch vor dicht auffahrenden LKWs. Hier soll ein Schild Abhilfe schaffen "Lieber Brummi halte Abstand - hier sind Pferde".
Vielleicht ist auch das Fahrziel nicht uninteressant. Was glauben sie, was ihr Pferd von einem Anhänger hält, der als Taxi zur Weide dient?
Und nicht zuletzt, spielt die Balance eine Rolle. Das Pferd sieht nicht, wohin es geht, kann sich also auch nicht entprechend einstellen. Fahren sie mal rückwärts im Bus, oder mit geschlossenen Augen, was tun sie? Richtig, Sie halten sich fest, spreizen die Beine und stellen sich quer zur Fahrrichtung. Schräg fahren, das ist es. Jean Luc Fautras hat das erkannt und baut die entsprechenden Anhänger, doch diese sind nicht gerade billig. In der Cavallo gab es eine passende Diskussion und auch einen Bericht über neue Erkenntnisse zum Fahren und neue Pferdeanhänger. Diese Artikel suche ich noch.
 

Aus der Cavallo 11/2002
Die Frage aus dem September-Heft: in Rechtskurven kommt Ellen Baumanns Camarguestute völlig aus dem Gleichgewicht. Wie steht sie sicherer?
Antwort 1:
Bei meinem zwölfjährigen Anglo-Tersker-Wallach trat seit eingen Monaten dasselbe Problem auf, nachdem er vorher oft und lange problemlos Hänger fuhr. Meine Tierärztin gab mir den Tipp, den Hänger sehr dick mit Stroh oder noch besser mit Mist einzustreuen. Nach einer Woche täglichen Übens im dick eingestreuten Hänger (anfangs nur kurze Strecken, sehr langsam Fahren) steht er jetzt auch in Rechtskurven wieder sicher, aber der Hänger bleibt dick eingestreut.
Sonja Siegel

Antwort 2:
Die Stute hat vermutlich Probleme an Rücken oder Rippen. Damit sie Balance halten und sich in Kurven biegen kann, müssen sich die Gelenke zwischen den Wirbeln frei bewegen. Dazu müssen sich Muskeln anspannen, andere entspannen können. Wenn das Pferd dort Schmerzen hat, kommt es aus dem Gleichgewicht, Die Symptome verstärken sich, wenn es beim Anfahren bzw. Bremsen noch mehr Mukeln anspannt und Druck auf die Wirbelsäule bekommt. Das Pferd muß untersucht werden, um die Blockaden zu lösen.
Rita Vratislavsky-Emmerich

- interessant, daß sich das Pferd im Hänger biegen muß....

Antwort 3:
Genau dasselbe Problem haben wir auch, allerdings in Linkskurven. Bekommt mein Wallach einige Minuten vor dem Verladen zehn homöopathische Globuli Argentum nitricum, steht er völlig ruhig im Hänger. Die Kügelchen wirken auch noch, wenn man am selben Tag zurückfährt.
Erika Stier

- Silbernitrit - aha.

Antwort 4:
Schräg fahren, das ist es. In Bus oder Bahn stelle ich mich auch schräg, wenn ich stehen muß.

Gesammelte Tipps:
Nicht tauchen, bevor die Stange zu ist. Viele Pferde nutzen nämlich genau diesen Moment, um wieder aus zu steigen. Also entweder ganz schmal machen und das Pferd neben sich treten lassen, oder sogar die vordere Stange lösen, falls das möglich ist.
Dem Pferd gute Sicht bieten. Zum Verladen Frontausstieg öffnen (falls vorhanden) oder doch zumindest die Seitentür öffnen und feststellen. Hier hat sich ein Sturmhaken bestens bewährt.

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